Kleine Abenteuer und die Sicherheit
Als Fotografen mit dem Schwerpunkt Arbeitswelt und Unternehmensfotografie sind wir viel in technischen Anlagen, Fabrikhallen und Werkstätten unterwegs. Diese Welt ist in ihrer Vielfalt spannend, interessant, visuell oft sehr aufregend – und alles in allem ein Feld, in dem man mit nie versiegender Neugierde und Freude unterwegs sein kann.
Besondere Würze verleihen die „kleinen Abenteuer“ zwischendurch. Um die aufregendere Perspektive zu bekommen oder unerwünschte Elemente aus dem Bild zu verbannen, ist es oft nötig, auf Kräne zu klettern, in Rohre zu kriechen, in Auffangbehälter hinabzusteigen oder ähnliches mehr. Das erfordert körperliche Fitness und taktiles Geschick, zumal wir ja auch noch eine schwere Kamera und leistungsfähiges Blitzlicht mit uns führen wollen.
Die Verantwortlichen vor Ort sind fast immer bereit, solche Extravaganzen mitzumachen und beschaffen entsprechendes Gerät oder Zugänge. Allerdings nur, wenn sie auch das Zutrauen haben, dass die Fotografen ihre Mission unfallfrei überstehen. Sich an Sicherheitsbestimmungen zu halten, ist gerade in der Industrie essentiell. Daher tragen wir immer unaufgefordert Sicherheitsschuhe und Helme, wenn eine entsprechende Tragepflicht besteht. In unseren Fototaschen liegen auch Gehörschutz und Sicherheitshandschuhe bereit, je nachdem, wo wir uns bewegen. Und für Arbeiten in der chemischen Industrie verfügen wir über Arbeitsanzüge aus schwer entflammbaren Stoffen. Beim Arbeiten in der Höhe sichern wir uns mit einem professionellen Gurtsystem.
Ein paar Geschichten
Wenn keine Leiter zur Hand ist, man aber unbedingt aus der Höhe fotografieren möchte, muss man sich etwas einfallen lassen. Hier ging es um das Fotografieren montierter Teile, die so groß waren, dass man sie nicht vor einen geeigneten Hintergrund platzieren konnte. Daher entschied ich mich, sie aus der Vogelperspektive zu fotografieren, um einen klareren Bildaufbau zu bekommen.
Also hat der Gabelstapelfahrer mich mit großem Vergnügen auf eine Palette geparkt, diese mit dem Stapler verschraubt und mich dann in die Höhe gehoben. Als Sicherung genügte hier ein Hüftgurt und eine kurze Leine mit Karabinerhaken. Positiver Nebeneffekt: ich konnte aus der Höhe auch noch ein interessantes Foto der Montagehalle machen, das ich vorher nicht hatte.
Klettern – Höhe – Tiefe
Im Klärwerk eines großen Getränkewerkes fotografierten wir das Berufsbild der Fachkraft für Abwassertechnik. Natürlich wollten wir auch die Arbeiten in einem der Klärbassins fotografieren, in diesem Fall in dem sogenannten Havariebecken, das eigens für Notfälle bereitgehalten wird und daher glücklicherweise auch meist leer ist.
Einziger Zugang ist über eine Stahlleiter möglich. Im Bild sieht man die Kollegin Silvia Steinbach, wie sie nach erfolgreichem Einsatz wieder oben ankommt. Das breite Grinsen zeigt: es macht ihr Spaß. Auf solche Gelegenheiten freuen wir uns immer, es ist die Mischung aus Sport, Erlebnis und Aussicht auf besonders gute Fotos, die uns hier antreibt. Und am Ende des Tages hat man was zu erzählen….
Thema Sicherheit: bei solchen Verhältnissen ist ein professioneller Abseilgurt unerlässlich. Wir besitzen jeder einen eigenen, aber in der Regel kann man auch auf Gurte der Unternehmen zurückgreifen. Rechts sieht man die Sicherheitsleine, die in einer mitlaufenden Mechanik an der Leiter eingehakt ist. Diese Teile gleiten theoretisch immer sauber mit, in der Praxis muss man aber immer mal wieder leicht an ihnen ruckeln, damit man nicht hängen bleibt. Arbeitet man mit so einem System, kann man sichergehen, dass einem nichts passiert.
Schlimmstenfalls stürzt man ein oder zwei Meter und wird dann vom Seil gehalten, das idealerweise noch ein Modul enthält, das den Ruck abmildert. Wenn man Pech hat, sind ein paar Quetschungen natürlich drin. In all den Jahren ist das aber noch nie passiert, und so soll es auch bleiben.
Heiß
Man kann auf vieles vorbereitet sein, aber nicht auf alles. Bei einem Job in einer Stahlgießerei ging es heiß her, aber die passenden Schutzanzüge besaßen wir natürlich nicht. Selbstverständlich konnte uns der Kunde aushelfen, und wir steckten dann beim Abguss in silbrig glänzenden Hitzeanzügen, die ein bißchen nach Raumfahrt aussahen und uns vor den Hitzewellen des glühenden Stahls zuverlässig schützten. Verhindern, dass man darunter in Schweiß gebadet war, konnten Sie allerdings nicht.
Den kurzen, intensiven und heftigen Moment, als sich das glühende Stahl in die Form ergoss, werde ich immer in besonderer Erinnerung behalten! – es war ein Erlebnis, und einmal mehr erfüllte mich die Hochachtung vor den Menschen in den Unternehmen, die solche Kräfte beherrschen und für sich nutzbar machen können.
Diese „kleinen Abenteuer“ sind einfach die Würze in unserem Beruf; wir sind immer froh, wenn es heiß oder kalt, nass, hoch oder tief wird: Abenteuer, die man mit Augenmaß und dem notwendigen Sicherheitsempfinden meistert – immer im Dienst des ganz besonderen Fotos!
Beim ersten Bild mit den 3 Frauen fehlen bei denen die Helme. Es gibt kaum einen typischeren Anwendungsfall dafür als gerade diese Szene. Ich selbst bin eigentlich ein Helm-Muffel, aber hier würde ich ihn auch ohne Vorschrift anziehen.
Dipl.-Ing. E. Feller
Hmmm. Ertappt? Kann gut sein, ich bin mir jetzt wirklich nicht sicher, ob wir hier an den Vorgaben vorbei oder schlicht gedankenlos gehandelt haben. Die Fotos da unten durften ohne gemacht werden, das ist sicher. Schwebende Lasten gab es auch nicht. Tja, da müsste ich echt mal nachfragen….
Das Beispiel zeigt aber gut, wie schnell es passieren kann, dass man – gerade auch beim Fotografieren der Mitarbeiter – ein essentielles Element übersieht. Daher frage ich die Verantwortlichen immer explizit nach den Vorschriften – „als wenn die BG hier wäre“. Im konkreten Fall liegen die Bilder gerade zur Freigabe vor, ich bekomme hierzu also bald Feedback.