Fujifilm FinePix X100 – Back to Basics
Gedanken und Überlegungen zu einer Kamera, die es noch nicht gibt, die aber seit Jahren überfällig ist.
Die Photokina-Sensation
Zur Photokina 2010 wollte ich auf jeden Fall – und mit ausreichend Zeit. 2008 war ich nur zwei kurze halbe Nachmittage da, und diese Art von Desaster wollte ich nicht noch einmal erleben. Glücklicherweise gestaltete sich die Arbeitswoche tatsächlich so, dass zwei volle Tage Photokina dabei für mich heraussprangen. Danke an meine Kunden und Danke an den Fotografengott! Und als dann im Vorfeld der Photokina Fujifilm auch noch das Erscheinen der Fujifilm X100 bekannt gab und erste Specs die Runde machten, war mein Glück vollkommen und mein erstes Ziel auf der Photokina definiert: Der Fujifilm-Stand. Und die Kamera X100.
Digital heißt: warten auf Qualität
In der Spiegelreflexwelt ist die digitale Technik inzwischen längst Standard, für Amateur- wie auch für Berufsfotografen, und hat das Qualitätsniveau des Films nach einer langen Anlauf- und Entwicklungszeit überholt und weit überflügelt. In der Welt der kompakten, handlichen und jackentaschentauglichen Kameras ist das bis heute eigentlich nicht oder kaum der Fall. Die Klasse der „Kompakten“ digitalen Kameras ist für einen bewusst gestaltenden Fotografen bis heute nur sehr bedingt einsetzbar, jedenfalls dann, wenn er Wert auf einen anständigen Sucher legt, auf die Gestaltungsmöglichkeiten via Schärfe/Unschärfe und auf eine gute Bildqualität, womöglich auch bei höheren Empfindlichkeitseinstellungen.
Was zu Filmzeiten eine analoge Minox, eine Rollei, eine kleine Contax oder eine Zeiss Ikon ganz selbstverständlich beherrschte, ist in unserer digitalen Welt bis heute Mangelware bzw. praktisch nicht existent. Ausnahmen gibt es, auch wenn man hier eigentlich nur die Leica M8 oder M9 nennen kann. Siehe hierzu auch die Einleitung zu meiner Leica M9 Story: Ich denke, dass man mit diesen beiden Kameras als bewusst gestaltender Fotograf wunderbar arbeiten und die analogen Möglichkeiten ebenfalls toppen kann. Doch stehen dem ungemein hohe Invests entgegen, im Falle der M9 allein 5500 Euro für den Body. Ist das gerechtfertigt? Das kann ich hier sicherlich nicht allgemeingültig entscheiden, aber für mich ist das derzeit definitiv zu viel und kommt daher einfach nicht in Frage. Die M8 wäre eine Option; rund 1900 Euro muss man für eine Gebrauchte anlegen. Das geht. Wenn auch hier einige Kompromisse einzugehen sind.
Hilfe von unerwarteter Seite
So, und nun kommt also Fujifilm daher und präsentiert einfach eine ganz „klassische“ Kamera. Sie hat einen (eingebauten) Sucher, sogar alternativ als optischen und als Bildschirm-Sucher ausgelegt. Sie hat eine Festbrennweite mit Lichtstärke 2.0 und eine Brennweite von äquivalent 35 mm. Sehr fein für reportagig angehauchte Fotografen und/oder solche, die nur wenig Gepäck wünschen, wenn sie losziehen – und auch kein Problem damit haben, sich dabei zu beschränken. Und sie hat einen „großen“ Sensor, APS-C heißt das heute und bedeutet, dass er so groß ist wie anno 2004 der in meiner Canon 20D. Groß genug für richtiges Fotografieren also, und exzellente Bildergebnisse dazu.
Papierform
Das alles ist noch Papierform. Diese Kamera gab es auch auf der Photokina 2010 nicht, noch nichtmal als funktionierendes Labormuster. Aber das Konzept dieser Kamera scheint ausgereift; es ist ein Gerät, das die klassischen Tugenden beherrscht (großer Sensor, hohe Empfindlichkeit, hohe Lichtstärke, eine attraktive Reportage-Brennweite, einfache und klassische Bedienbarkeit) und keine Abstriche nötig hat: bei der Bildqualität. Beim Handling. Beim Fotografieren.
Auf der Photokina durfte man unter Aufsicht durch den Sucher blicken, und man konnte eine Ahnung davon erhalten, was da in Zukunft geboten wird: Einen Sucher, der zeigt, was man fotografiert. Erstaunlich und wirklich faszinierend, das etwas so Selbstverständliches und etwas so Notwendiges nun auch in einer handlichen UND digitalen Kamera angekommen ist!
Versagen der Kameraindustrie
An dieser Stelle eine Adresse an all die Platzhirsche und Umsatzkönige unserer Zeit: warum habt IHR so etwas nicht schon ein bisschen eher fertig gebracht? Habt Ihr vergessen, das Fotografen hin und wieder richtige Fotografien machen möchten? Habt Ihr die klassischen Mittel fotografischer Wirksamkeit wirklich so vollkommen verdrängt, dass sie in Euren Produktportfolios keine Rolle mehr spielen? Eine gewisse Fassungslosigkeit darüber, u.a. an die Adresse von Canon und Nikon, aber auch Sony, Olympus und Panasonic, sei mir hier mal kurz aber dafür mit umso mehr Nachdruck gestattet.
Es gibt ja mittlerweile einige Kamera-Kompakt-Modelle mit großen Sensoren. Aber warum werden die mit 24-600mm-Objektiven (KB-äquivalent) verkauft? Wozu soll das gut sein? Da hat man eine Zigarettenschachtel in der Hand – und vorne dran ist ein Fernrohr. So stehen sie in den Verkaufsvitrinen. Pancake? Ja, gibt es. Nein, nicht bei diesem Händler. Und ein Sucher, der diesen Namen verdient, ist auch nicht mit an Bord.
Anders sieht das aus bei der Fujifilm. Dieses Teil ist reduziert. Es ist sogar sehr stark eingeschränkt, was Brennweitenexzesse angeht. Aber diese Kamera ist scheinbar präzise und höchst fokussiert genau dafür gemacht, für das sie auch antritt. Für die ultimative Flaneurkamera, für die kleine Reportage, für den sich selbst zurück nehmenden, konzentriert agierenden Fotografen. Für den Cartier-Bresson in uns. Kompromisslos, wie es scheint. Auf den Punkt gebracht, wie es scheint. Ein Produkt für Fotografen, wie es scheint. Für Leute, die Bilder machen wollen und wissen, wie das geht. Und die auch wissen, welche Bilder sie damit nicht machen können.
Preis-wert
Auf der Photokina durfte man auch nach dem voraussichtlichen Preis fragen. Und man bekam sogar eine Antwort: um die 1000 Euro. Holla Holla. Wenn man für einen Moment vergisst, dass das mal 2000 DM waren, erscheint einem das geradezu preiswert. Nicht soviel teurer wie die „besseren“ Kompakten und bedeutend preiswerter als die halbherzig konzipierte Leica X1. Von einer M9 (die zugegebenermaßen eine andere Klasse ist) ganz zu schweigen.
Fazit
Wenn Fujifilm in wesentlichen Design- und Technikfragen nicht patzt, dann geht für mich um die Fujifilm X100 kein Weg herum: diese Kamera werde ich mir ziemlich sicher kaufen. Wenn die Bildqualität bis 1250 ASA stimmt und wenn das Objektiv gut ist. Und da bin ich jetzt einfach mal optimistisch. Das sollte Fuji doch hinkriegen.
Auf dem Stand von Fujifilm auf der Photokina habe ich mich bei einem der dort anwesenden Manager bedankt. Für eine in Erfüllung zu gehen sich anschickende Hoffnung. Nach östlicher Sitte reagierte er auf meine Wort mit über der Brust verschränkten Händen und einer Verneigung. Ich nehme das für mehr als nur ein Zeichen. Für mich ist das ein Vertrag.
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Hier kann man den Nachfolger dieser Kamera zeitgemäß bestellen: Fujifilm X100F
Hallo Christian,
ich sehe das alles sehr ähnlich wie Du und bin auch schon darauf gespannt was das Teil in der Praxis bietet. Ich spare bis dahin schon mal….
Hallo Christian.
Ich sehe das alles ähnlich wie du.
Die Megaseller interessieren eben nur Produkte, die halbwegs „Massentauglich“ sind.
Und Firmen, die mal ein Experiment wagen, zum Beispiel Konica, (Ich denke da speziell an die HEXAR Familie, gibt es kaum noch. Bzw. sie haben sich vom Markt zurück gezogen.
Mal gucken, ob die Finepix X100 ein würdiger (Digitaler) „Nachfolger“ der HEXAR von 1992/93 werden könnte. – Die Seinerzeit auch mal so um die 1500 DM gekostet hat.
Hallo, Danke für Eure Kommentare.
Ich hoffe wirklich, dass die Kamera die Erwartungen erfüllt. Sie sieht auf jeden Fall so stringent und so klar und so _fotografisch_ aus, dass ich es mir kaum anders vorstellen kann. Jemand, der so ein Design ersinnt sollte bei den paar wichtigen Knackpunkten auch nicht daneben liegen!
VG, Christian
Hallo Christian,
dein Statement kann ich unterschreiben.
Fujifilm bringt mit der FinePix X100 genau das was ich brauche/suche!!
Das wird eine Super Camera und die Qualität & Leistung wird vom
BESTEN und FEINSTEN sein. Fujifilm baut excellente Objektive,
siehe Hasselblad. Und das alles zu einem, für mich akzeptablen Preis.
Ich bin nicht bereit wie z.B. für eine gaga Leica X1 ca. 2000,00 Euro
(incl. Handgriff und Sucher) auf den Tisch zu legen. Noch extremer sind
die Fantasiepreise für eine M9, mit einem Objektiv liegt der Preis
bei ca. 8000,00 Euro (oder 16.000,00 DM) diesen Wahnsinn & Abzocke
mache ich nicht mit. Dazu kommt noch, dass viele Käufer einer M9
über Techn.-Probleme klagen. (Siehe Leica-Camera-Forum-Interantional-Sektor)
Die FinePix wird eine DreamKamera, ich werde sie kaufen.
MFG
Alexander
ich hätte mich auch bedankt. naja ich fange mal zu sparen….:-)