Freude am Print (part 2)
„The truth is in the print“
Leider weiß ich nicht, von welchem Fotografenkollegen dieses Zitat stammt – aber da ist sehr viel Wahrheit drin. Der rein digitale Workflow inklusive Ausgabe auf dem Monitor ist nicht das Ziel der Fotografie – und er ist trügerisch. Auch dann, wenn hochwertige Geräte verwendet werden — Profilierung hin, Softproofing her. Denn der Monitor schummelt, spielt mehr vor, als eigentlich möglich ist im Druck. Ein Monitor ist ein Durchlichtsystem, er ist brillanter und leuchtender und zeigt mehr Farben an als alles, was man realistischerweise auf Papier bringen kann. Selbst dann, wenn man beste Papiere und modernste Tinten verwendet.
So lernt der, der häufiger druckt, auch viel darüber, was eine Bilddatei am Bildschirm eigentlich aussagt (und was nicht) und was man seinen Kunden vielleicht mitunter zumutet, denen man diese Dateien zukommen lässt. Bilder mit viel Schatten, mit vielen nur schwach durchgezeichneten Partien, die aber dennoch bildwichtig sind, kommen selbst bei bester Profilierung der benutzten Geräte im Druck meist viel zu dunkel und zu undifferenziert heraus. Wer solche Fehldrucke registriert, die Bilddaten neu aufarbeitet und einen zweiten oder gar dritten Versuch benötigt, um endlich zu einem ordentlichen oder sehr guten Druckergebnis zu kommen, der hat gerade etwas über die Bildbearbeitung kritischer Motive gelernt. Und wichtige Erfahrungswerte gesammelt, die in der täglichen Arbeit weiterhelfen und die damit einen Teil dazu beitragen, seine Datenqualität zu erhöhen und letztlich ein besserer Dienstleister zu werden.
Wer viel unter ungünstigen Lichtbedingungen fotografiert, kennt das Trügerische eines Monitors auch von seiner Kamera: die großen und leuchtstarken Kameradisplays zeigen ein vermeintlich sehr gutes Ab-Bild des gerade fotografierten Motivs. Tatsache ist, dass dieses Bild in der Regel viel zu gut ist, es leuchtet selbst dann noch in angenehmen Farben und feinen Abstufungen in den Schatten, wenn die Belichtung viel zu knapp ist und 1 oder gar 2 Blendenstufen zum perfekt belichteten Foto fehlen.
„The truth is in the print“ meint vielleicht auch: die eigentliche Bestimmung einer Fotografie ist der Druck. Sei es der auflagenstarke Offset-Druck, das vom Dienstleister geprintete Online-Book oder der hauseigene Brot-und-Butter oder Fine-Art-Print. Die klassische dunkelkammerbasierte Negativfotografie kam ohne das vergrößerte Positiv nicht aus, es war ein zwingender Bestandteil des Workflows und der Arbeit des Fotografen. Zeit, dem gedruckten Bild wieder mehr Aufmerksamkeit zu geben und seine Eigenheiten zu verstehen. Und nicht nur in den freien Arbeiten und in den Luxusprojekten, sondern auch und gerade bei kommerziellen Werken. Zeit, sich Rechenschaft abzugeben, ob es ein fotografiertes Motiv überhaupt Wert ist, gedruckt zu werden. Zeit, den gedruckten Bildern liebevolle Zuwendung zu geben, in dem man sie in Büchern zusammenführt, in Mappen gliedert oder in Schobern für die Zukunft aufbewahrt.
– wird fortgesetzt –