Leica M9 – ein subjektiver Erfahrungsbericht (1 of 3)
Ein subjektiver Erfahrungsbericht, eine Annäherung an eine Legende und Erkenntnisse darüber, warum Kleinbild irgendwie doch Leica ist. Part 1 of 3.
Was treibt einen Berufsfotografen mit Schwerpunkt Zukunftsthemen, Industrie- und Businessfotografie dazu, sich mit einer Leica M9 auseinander zu setzen? In meinem Beruf sind digitale Kleinbild-Spiegelreflexkameras Standard, und natürlich nutze ich diese Geräte täglich für alle anfallenden Aufgaben. Und schleppe meist klaglos meine 15-Kilogramm-Fototasche (und die 30 kg Licht) zum Einsatzort. Und meine beiden Canonen machen ihren Job gut und mit der erreichbaren Qualität sind nicht nur ich, sondern auch die Agenturen und Kunden mehr als zufrieden.
Eine Kamera für immer dabei
Doch gehöre ich zu den Fotografen, die ihre Leidenschaft für das Bildermachen nicht Freitag Nachmittag an der Garderobe abgeben und erst am Montag wieder hervorkramen. Neben meinen beruflichen Engagements bin ich auch in meiner Freizeit Fotograf, versuche es jedenfalls so oft wie möglich – und benötige folglich auch für die umsatzfreien Zeiten im Leben eine Kamera.
Das sind derzeit ganz selbstverständlich meine beiden Spiegelreflexkameras – doch wie ich zugeben muss, geschieht dies immer mehr sozusagen gegen meinen Willen. Zunehmend habe ich immer weniger Lust, die großen und sperrigen DSLRs mitzunehmen und privat damit zu fotografieren. Dabei ist es nicht so, dass ich diese Kameras nicht mehr gerne in der Hand halte. Das tue ich durchaus, und eine 1D MK III mit angesetztem 28mm Objektiv fühlt sich nach wie vor richtig gut an und ist ein Handschmeichler. Sie passt jedoch nicht in eine Jackentasche, ich kann sie nicht im Handschuhfach transportieren oder einfach in die Aktentasche stopfen. Und das stört mich. Das möchte ich gerne ändern.
Links meine bisherige „Freizeitkamera“: Eine EOS 1 D Mk III mit angesetztem 28mm-Objektiv, was ungefähr einem 35mm KB-Äquivalent entspricht. Rechts die Leica: ganz schön klein, knuffiges Objektiv, aber trotzdem richtig schwer.
Leider erfüllt keine der kompakten Kameras des Weltmarktes meine Wünsche in Sachen Handling und Bildqualität. Denn neben kleinem Packmaß soll diese Immer-dabei-Kamera dennoch qualitativ top sein, ein lichtstarkes Objektiv besitzen und darüber hinaus auch bei hohen ISO-Zahlen gute Ergebnisse bringen. Und Spaß machen! Zu analogen Zeiten wäre das gar kein Problem gewesen, eine Vielzahl von guten Sucherkameras hätte hier Abhilfe geschaffen, eine Rollei 35 fällt mir ein, eine Minox – tja, oder auch eine Leica natürlich!
Eine Kamera, die solche Ansprüche zu erfüllen antritt, war in der digitalen Welt bis vor kurzem einfach nicht zu haben. Die ganzen „Kompakten“ scheiden wegen ihres Miniatur-Sensors und der entsprechend schlechten Leistung bei höheren Empfindlichkeiten aus. Doch jetzt kamen einige interessante Kamerakonzepte auf den Markt, bei denen ich mich schon fast am Ziel wähnte: Olympus, Panasonic usw. boten auf einmal Modelle, die über einen „anständigen“ Chip verfügten.
Doch bei näherem Hinsehen erwies sich jedes dieser Kameras für mein Gefühl als untauglich: kein Sucher, kein nutzbarer Sucher, kein kleines Objektiv, keine lichtstarken Festbrennweiten, keine Pancakes, die ein 35mm Äquivalent schaffen, einen vernünftig schnellen Autofocus haben – oder überhaupt lieferbar sind. Und so weiter.
Solcherlei Mängel in wechselnder Kombination ließen jede der ins Auge gefassten Lösung letztlich als nicht tauglich erscheinen, zumal die Hersteller ja auch kein Taschengeld sondern richtig hohe Eurobeträge für ihre unausgereiften Kreationen sehen wollen. Zu guter Letzt holte ich mir sogar eine Canon G11 aus dem Rent. Und obwohl hier auch nur ein kleiner Chip am Werk ist, war ich von der Bildqualität durchaus angetan. Aber dennoch: mit dieser Kamera fühlt sich das Bilder-machen nicht nach Fotografieren an, sondern nach Knipsen. Und obwohl mir die Kamera äußerlich gut gefiel, habe ich sie dann ohne Bedauern wieder zurückgegeben.
Leica als Lösung?
Und so rückte letztlich die Marke Leica in mein Visier. Und das, obwohl ich ein bekennender Leica-Kritiker bin und bei Fragen nach diesem deutschen Traditionshersteller bisher immer recht bissig zurückgefragt habe, ob es um die Firma gehe, der in seiner langen Geschichte noch jeden Paradigmenwechsel verschlafen habe und sich deswegen mit Sammler-Sondereditionen für Vitrinenfotografen über Wasser halten müsse.
Doch mit der aktuellen Inkarnation der M-Sucherkameras, der M9, hat Leica nun eine Kamera im Portfolio, die die eingangs von mir erhobenen Forderungen praktisch alle zu erfüllen scheint: die Kamera bietet einen Vollformatchip mit hoher Auflösung, sie ist kombinierbar mit hervorragenden und sehr kompakten Optiken mit hoher Lichtstärke, und eine Kamera plus Festbrennweite passt gerade auch noch in eine Jackentasche, jedenfalls dann, wenn es sich um ein 35mm Objektiv handelt.
Und genau das war es ja, was mir ursprünglich vorschwebte: eine perfekte 35mm-Performance, die Bilder erzeugen kann, die im Zweifel nicht nur fürs Fotoalbum, sondern auch für eine Ausstellung taugen.
Für den Test erhielt ich von die gewünschte Kamera, sowie zwei Summarite: ein 35mm/2.5 und einem 90mm/2.5. Die Summarite sind eine relativ neue Objektivreihe und bilden innerhalb der Leica Hierarchie die preiswertere Einsteigerlinie. Nichtsdestotrotz gelten sie als mechanisch und optisch top, bieten jedoch nicht die hohen Lichtstärken ihrer teureren Pendants.
Das Paket von Leica war groß und voluminös und als ich endlich unter all dem Verpackungsmaterial die Kameraschachtel und die beiden Verpackungen mit den Objektiven gefunden hatte, stellte sich spontan erstmal so ein Art Apple-Auspack-Gefühl ein. Die Verpackung war durchdacht, liebevoll und hochwertig gemacht und gab zum guten Schluss ein Stück wertiger Opto-Elektronik preis: eine M9 mit zwei handlichen und schönen Objektiven. Feuchter Traum aller Leicaisten, die endlich digital werden wollen. Aber auch eine Kamera für mich?
Inbetriebnahme
An dieser Stelle wird nun erst einmal ein Geständnis fällig. Meine fotografische Sozialisation ist fast 100%ig die eines Spiegelreflexfotografen. Deshalb sind mir analoge kompakte Kameras wie die oben erwähnten von Namen und Erscheinungsbild zwar vertraut, aber ich habe nie wirklich damit fotografiert. Die einzige Kamera, die ich je in Benutzung hatte und die vom SLR- Konzept abwich, war eine analoge Contax TV-s, die schön kompakt und für die von mir jetzt gewünschten Zwecke eine Traumkamera wäre (bis auf die fehlende Lichtstärke), jedoch bereits mit Autofokus ausgestattet war – und natürlich noch immer mit Filmen gefüttert werden will. Kann man anno 2010 noch Messsucherfotograf werden – wenn man nie zuvor mit dieser Technik in Berührung gekommen ist? Eine spannende Frage, ich war wirklich neugierig auf meine ersten Erfahrungen dazu.
Doch zunächst noch einige Bemerkungen zur Inbetriebnahme der M9. Die Leica ist dankenswerterweise eine ganz einfache Kamera. Jeder Fotogaf, der mit den Grundlagen fotografischer Technik vertraut ist und schon mal einen digitalen Fotoapparat in Betrieb genommen hat, kommt sofort mit der M9 klar und ist in der Lage, Bilder sinnvoll zu belichten, auch ohne das Handbuch zu konsultieren. Die Beschränkung auf einige wenige Bedienungselemente, die Kombination aus althergebrachten Fotoprinzipien wie Blendenringe am Objektiv (die vermisse ich bei meinen Canons noch heute) und klassisch angeordneten Bedienelementen – all das lässt einen sofort vertraut werden mit dieser Kamera.
Einige wenige Funktionen, wie zum Beispiel die Belichtungskorrektur, habe ich allerdings nicht intuitiv verstanden. Wenn einem das aber nur zweimal in drei Wochen passiert, halte ich das für einen guten Schnitt. Es ist eigenartig: obwohl mir das Kameraprinzip (Messsucher) nicht geläufig ist, führt einen diese Kamera doch wieder zurück zu einem von mir als „klassisch“ empfundenen Kleinbild-Fotografieren. Meine ehrwürdige Minolta XD-7 sah von den Bedienungselementen ganz ähnlich aus, auch wenn sie eine gänzlich andere Kamera war. Vom Gefühl und vom Herzen her fühlte ich mich irgendwie „zuhause“ mit dieser M9. Mehr als ich es von meinen hocheffizienten Kameracomputern heute gewohnt war und bin.
– Der 2. Teil wird am Freitag, 27. August 2010 hier veröffentlicht –
Auch wir haben einige Wochen getestet. 5DII und M9. Die Philosphie und Arbeitsweise der Leica lässt andere Bilder entstehen, das ist so! Alles dauert länger und das ist auch gerade heute oftmals gut so. Einzig die Belichtungskorektur in der Bedienung (im Menue zu finden) finden wir nicht gut gelöst und das schnelle Ausbrechen im Spitzenbereich. Nun gut, wer das Geld für eine Leica ausgiebt wird sich mit allen wichtigen Paramtern auskennen und seine Hausaufgaben machen, trotzdem sei hier erwähnt, die Leica verzeiht wenig. Da ist eine nicht ganz so geglückte Aufnahme mit einer 5DII noch in der Bildbearbeitung zu retten. Wir haben Bilder gemacht , da wurde schon die 40 Watt Schreibtischlampe zum großen fast unlösbaren Problem. Kurz, wer mit Leica arbeiten will, muß wissen was er tut und vielleicht gehört ein Belichtungsmesser zur Standardausrüstung eines guten Leica Fotografen. Seal – ein riesiger Leica Fan und einer der ersten Titanbesitzer – hat auch immer einen dabei. Gruß aus Köln, dirk
Habe selbst noch keine Erfahrungen mit Leica, aber derzeit scheint ja ein regelrechter Boom ausgebrochen zu sein. Wenn man allerdings sieht was damit möglich ist, kann man das auch verstehen.